Erzählen

Wie?
„Und was lesen Sie so?“, werde ich immer wieder gefragt.
Erzählen heißt: nicht vorlesen!
Erzählen heißt auch: nicht rezitieren (einen gelernten Text textgetreu zum Vortrag bringen)!
Erzählen heißt: eine Geschichte ins Leben rufen!
Das bedeutet: Freier Umgang mit der Vorlage, lebendige Art des Vortrags, spontane Interaktion mit dem Publikum!
Meistens ohne Bühnenbild oder Kostüm und mit sparsamem Einsatz von Objekten.
Mit allen Möglichkeiten der Stimme, der Mimik und der Gestik.

Was?
Alles, was sich erzählen lässt.
Natürlich Märchen, aber auch Mythen, Geschichten, Anekdoten, Fabeln, Kurzgeschichten, Witze, Gleichnisse …
Erzählen lassen sich auch Filme, Opern oder Theaterstücke.
Erlebtes und Fantastisches, Einfaches und Komplexes, Heiteres und Ernstes.
Und noch viel, viel mehr.

Wem?
Allen, die Lust, Zeit und Geduld haben, sich etwas erzählen zu lassen. Die bereit sind, Ko-Autoren einer Geschichte zu werden.
Denn Erzählen, das ist „Kino im Kopf“, vor allem im Kopf der Zuhörenden.
Nur: So viele Köpfe, so viele Filme, Regisseure, Protagonisten  . . .

Die orale Tradition
Bis vor wenigen Jahrhunderten existierten Geschichten vor allem in der mündlichen Überlieferung und damit in einem kontinuierlichen Umwandlungs- und Umdeutungsprozess. Nichts spricht dagegen, Geschichten zeitweise zu konservieren (in Büchern, auf Tonträgern, auf Zelluloid gebannt). Allerdings sollte man dabei nicht vergessen: Alle Konserven haben ein Verfallsdatum!

Professionelle Erzähler sind moderne Troubadoure. Sie leben von der Einzigartigkeit, Unwiederbringlichkeit, Unnachahmlichkeit dessen, was sie erzählen und – vor allem – wie sie es erzählen. Darin besteht ihre Kunst.

Michl Zirk

  

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